Sprache lässt sich als Gefäß für Lebenswelten, als Reservoir für kulturelle Heimaten und als ein Archiv der Menschheits-geschichte betrachten. Das Gegenteil von Sprache, so der Schriftsteller Durs Grünbein, ist die Gedächtnislosigkeit, und das Beste, was sich aus ihr machen lässt - Dichtung. Auch Erich Kästner erprobte und pflegte die lyrische Form; oft verband er sie mit menschlichen Grunderfahrungen und den Zivilisationsbrüchen seiner Zeit.
Neben Gedichten und Epigrammen Kästners zeigt das LOTTE-Modul auch Texte anderer europäischer Dichter im Kontext des Ersten Weltkriegs. Flankiert wird die Sammlung von zeitgeschichtlichen Analysen und Beispielen kultureller Erinnerung. LUISE, das Zwil-lingsmodul, nähert sich der Gedächtnis- und Erinnerungsthematik über die Fragestellungen, wie der Mensch zu seiner Identität kommt, auf welche Weise er Erfahrung und Wissen erwirbt und wie er daraus Visionen eines zukünftigen Miteinanders entwickeln kann.
Das themagebende Piktogramm "Nüsse knacken“ gehört zu der Reihe von 15 Piktogrammen, mit denen der Museumsarchitekt Ruairí O’Brien die Grundgedanken des micromuseum® für Erich Kästner visualisiert hat. Sinnbildlich verweist es auf die Grundspannung menschlicher Existenz, die Epochen übergreifend in schroffster Gegensätzlichkeit aufscheint. Mythen haben sie in Bilder gepackt, Theologen haben mit ihr gehadert und die Künste mit ihr gerungen. Ist das zirkulare Verhältnis zwischen schöpferischer Kraft und Zerstörungswillen, zwischen Zivilisiertheit und Barbarei veränderbar? Kann Ambivalenztauglichkeit für den „Homo sapiens“ des 21. Jahrhunderts zu einer produktiven Kraft werden?