Erich Kästner beschreibt in seinem Buch „Als ich ein kleiner Junge war“ seine Heimatstadt Dresden – einen untergegangenen Ort. Das alte Dresden wird im Februar 1945 durch alliierte Luftangriffe in Schutt und Asche gelegt. Die Kulturzerstörung beginnt jedoch Jahre vor der Bombardierung der Stadt. Bereits 1933 betätigen sich die Nationalsozialisten als Kunstvernichter in der Elbmetropole. Die braunen Machthaber verbannen kritische, oppositionelle und jüdische Künstler aus dem Kulturbetrieb. Die Werke Erich Kästners werden verboten, seine Bücher öffentlich verbrannt. Die Ausstellung „Entartete Kunst“ im Dresdner Rathaus dient der Diffamierung moderner Künstler von Weltrang. Trotzdem emigriert der bekannte Schriftsteller Kästner nicht, verbleibt aus Pflichtgefühl gegenüber seiner Mutter und als Zeitzeuge in Deutschland. Als sich Kästners Hoffnung auf ein schnelles Ende des NS-Regimes zerschlägt, schreibt er unter Pseudonymen weiter. So stammt das Drehbuch zu „Münchhausen“, einem der erfolgreichsten Filme der NS-Filmindustrie, von Berthold Bürger alias Erich Kästner.
Erich Kästner ist in Berlin, als Dresden im Zeitraum 13.-15. Februar 1945 durch englische und amerikanische Bomberverbände zerstört wird. Die Bomben verwandeln die Kunst- und Kulturstadt an der Elbe in eine Trümmerwüste, hinterlassen ca. 25.000 Tote und hunderttausende Obdachlose. Unter den Überlebenden ist auch ein amerikanischer Kriegsgefangener. Kurt Vonnegut übersteht die alliierten Angriffe in einem Keller des Dresdner Schlachthofes. Seine traumatischen Erfahrungen wird der Amerikaner 20 Jahre später künstlerisch in seinem Roman „Schlachthof 5 oder Der Kinderkreuzzug“ verarbeiten. Die wissenschaftliche, literarische und gesellschafts-politische Aufarbeitung der Vergangenheit ist keine leichte Aufgabe. Die Zerstörung der Stadt löst in der Bevölkerung bis heute kontroverse Debatten über die historische Bewertung, die Gedenkkultur und den Wiederaufbau aus. Nicht nur am 13. Februar stellt sich daher die Frage nach dem Umgang unserer Gesellschaft mit der Instrumentalisierung durch politische Extremisten. Die Ereignisse fordern jeden Einzelnen zum aktiven Eintreten für Toleranz und demokratische Werte auf.
Das Erich Kästner Museum zeigte 2012 in einer Sonderausstellung Aspekte der Kulturzerstörung im Dritten Reich und der literarischen Verarbeitung der Bombardierung der Kultur- und Kunststadt Dresden im Jahr 1945. Im Sinne der kästnerschen Zeitzeugenschaft wurde die Retrospektive verknüpft mit einem Ausblick auf gesellschaftliche Ausgrenzungsmechanismen bis hin zu fremdenfeindlich motiviertem Extremismus.
Eine Auswahl an Zeitzeugenaussagen, Zitaten, Auszügen aus Originaldokumenten, Literaturpassagen, Textfragmenten, Fachtexten, Fotos und Zeitungsausschnitten luden den Besucher ein, sich dem Thema „Gegensatz und Widerspruch“ aus verschiedenen Blickwinkeln zu nähern.