Jens Wonneberger - "Pension Seeparadies"
Lesung & Gespräch
Foto: Max Zerrahn
Wir sehen ihn, den Lehrer Winkler, morgens beim Strandspaziergang. Allein. Es gab Streit zwischen ihm und seiner Frau, aus geringfügigem Anlass. Auch die Pension Seeparadies macht ihrem Namen wenig Ehre.
Streit hatten sie schon öfter, aber so lange geschwiegen danach noch nie. Ob sie schon beim Frühstück sitzt und wie immer ihr Spiegelei... Obsessiv denkt Winkler sich in den Kosmos seiner Frau hinein, meint zu sehen, wo sie jetzt ist, was sie tut oder denkt. Seltsam nah ist er ihr seit dem Abbruch des Gesprächs. Da fällt ihm Bergthaler wieder ein, der langjährige Freund: Funkstille auch zwischen ihnen. Irgendwann kippten ihre Weltsichten auseinander, konnten sie einander scheinbar nicht mehr hören. Und dann erweist sich auch noch ein Pensionsgast als Wiedergänger des ehemaligen Freundes...
An Wirklichkeitssinn nicht zu überbieten: Jens Wonneberger sieht die verletzte Natur des Urlaubslandes als Seelenspiegel seiner Figuren, erzählt ebenso subtil wie realistisch, sodass sich im Alltäglichen Allgemeingültiges zeigt. Wonneberger braucht weder Zuspitzung noch die geringste Zutat, um das Leben, wie es ist, sichtbar zu machen.
Jens Wonneberger, geboren 1960, lebt in Dresden. Seit 1992 ist er freiberuflicher Autor und Redakteur. Für seine zahlreichen Romane, Erzählungen und Sachbücher wurde Wonneberger mehrfach ausgezeichnet. Zuletzt erschienen im Müry Salzmann Verlag „Mission Pflaumenbaum“ (2019), das 2020 für den Deutschen Buchpreis nominiert war, sowie „Flug der Flamingos“ (2021) und „Weltliteratur. Kleine Prosa“ (2023).